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«Die Kirche hat gesprochen!»

Bezüglich des Dekretes des Bischofs von Oria über die Marienerscheinungen in Manduria

Von Christian Parmantier

Wie viele Mitglieder des Klerus der Kirche fühlen sich unwohl, wenn sie bei einer Erscheinung oder bei der Übermittlung von Botschaften mit dem Kommen eines Propheten konfrontiert werden. Es ist, als würde ein Sandkorn ihr Priesteramt durcheinander bringen. Ein Prophet stört in der Tat. Doch der Apostel Paulus stellt die Propheten direkt hinter die Apostel und vor die, die das Charisma der Lehre haben. (1 Kor 12,28)

Angesichts der Privatoffenbarungen stellt das Wort Gottes den letzten Richtwert dar. Daher hat die Kirche Verfahrensregeln aufgestellt, um die Wahrheit zu suchen und die Gläubigen zu leiten, die von ihren Hirten eine angemessene Unterscheidung erwarten.
Wenn «die Kirche gesprochen hat», ist es die Pflicht der Gläubigen, ihr guten Herzens zuzustimmen, da Jesus den Nachfolgern der Apostel den Auftrag gegeben hat, seine Schafe zu leiten. «Das Urteil über die Echtheit der Charismen steht denen zu, die in der Kirche die Autorität innehaben, da es ihnen „in besonderer Weise zukommt, den Geist nicht auszulöschen, sondern alles zu prüfen und, was gut ist, zu behalten“». (Vat II, LG 12; KKK Nr. 801)
Wenn es vorkommt, dass Hirten dieses Vorgehen nicht befolgen und nicht alle Mittel wahrnehmen, um die Wahrheit der Ereignisse und die theologische Grundlage der übermittelten Botschaften zu prüfen, und es dann schließlich heißt, dass «die Kirche gesprochen» hat, entsteht ein gewisses Unbehagen im Volk Gottes, weil die Bestimmungen, die die Kirche festgelegt hatte, nicht eingehalten wurden. Und das bringt die Entscheidung des Ortsbischofs in den Augen der Gläubigen in Verruf.
Wenn eine vorgebliche Offenbarung oder Erscheinung im Volk Gottes auftaucht, ist die Autorität verpflichtet, eine unabhängige, fachkundige und gelassene Untersuchungskommission einzurichten. Dem heiligen Paulus zufolge muss sie «alles prüfen und behalten, was gut ist»; und dem Wort Jesu zufolge muss sie sie «an ihren Früchten erkennen». Eine solche Kommission ist verpflichtet, in erster Linie die Person anzuhören, die behauptet, eine Offenbarung zu erhalten, und sie ohne Zugeständnisse, aber mit Liebe mit den Berichten über die Ereignisse konfrontieren, auch mit den Berichten ihrer Gegner (aber nicht nur!). Sie ist verpflichtet, alle belastenden und alle entlastenden Elemente zu sammeln. Sie muss die Zeugnisse aufnehmen und die Früchte feststellen. Dann hat der Bischof die Aufgabe, nach Hinzuziehung der Kongregation für die Glaubenslehre im Vatikan ein Urteil abzugeben.
Diese unerlässliche Bedingung wird sehr oft nicht erfüllt.

Was man bei den Ereignissen feststellt

In unserem aufklärerisch gewordenen Westen haben die Seher vor oder während der Untersuchungen gewaltig zu leiden, auch wenn die Erscheinungen am Schluss als echt anerkannt werden wie in Lourdes oder in Fatima.
Und was war mit den Sehern von Kerizinen, Garabandal, Marpingen und so vielen anderen...?
Was Dozulé, San Damiano… und jetzt Manduria anlangt, so sind die kirchlichen Kriterien nicht erfüllt, und zwar aus dem einfachen Grund, weil der Hauptzeuge, die betreffende, mit diesem Charisma begabte Person nicht angehört wurde. Wie soll dann die Zustimmung der Gläubigen aussehen? «Verurteilt etwa unser Gesetz einen Menschen, bevor man ihn verhört und festgestellt hat, war er tut?» (Joh 7,51)
In Dozulé bestand der Auftrag der kirchlichen Untersuchungskommission darin, «die Gründe für die Versammlungen in Dozulé zu erforschen und ein Urteil über die Bücher und Kassetten abzugeben, die auf der ganzen Welt verbreitet werden und über die Ereignisse von Dozulé berichten». Er bestand jedoch nicht in einer Unterscheidung bezüglich der Ereignisse selbst! Anders gesagt, schon zu Beginn dieser Untersuchung wurde das Thema im Hinblick auf ein kirchliches Urteilt verfehlt! Nie ist Madeleine Aumont persönlich von einer offiziellen Untersuchungskommission befragt worden, genauso wenig die direkten Zeugen, zu denen die Ordensfrauen gehören (mit Ausnahme des Pfarrers, der versetzt wurde)… Diese Vor-Untersuchung wurde nach Rom gesandt. Rom hat darum gebeten, dass sie fortgesetzt wird, doch der Bischof hat sie unvermittelt in eine endgültige negative Erklärung verwandelt: «Ich kann keine Zeichen erkennen, die mir erlauben würden, die Erscheinungen als echt zu erklären…»  
Und dann sagt man: «Die Kirche hat gesprochen»! Ja. Doch in Wirklichkeit hat sie nur eine Disziplinarverordnung erlassen, die gerechtfertigte und vorläufige Vorsichtsmaßnahmen ergreift, aber sie hat die Ereignisse von Dozulé nicht beurteilt.
Der damalige Bischof Badré von Bayeux hat gesprochen, aber die Kirche hat keine Aussage über die Wahrheit und den eventuell übernatürlichen Charakter der Ereignisse gemacht. Die Ereignisse von Dozulé wurden nie von der Kirche beurteilt. Es gibt jedoch viele, die der Meinung sind, dass solch ein kirchliches Urteil ergangen ist!
So sind zahlreiche Verwirrungen und genauso viele Auseinandersetzungen entstanden…
Über die Ereignisse von San Damiano hat André Castella bereits 1981 geschrieben: «Wurde überhaupt nach der Wahrheit gesucht? Wie konnte man die Wahrheit kennen, ohne Mamma Rosa über ihre Visionen zu befragen, ohne den Hauptzeugen, den Pfarrer der Gemeinde anzuhören (der versetzt und im Stich gelassen wurde), ohne mit denen in Verbindung zu treten, denen unzählige Gnaden zuteil geworden sind, ohne vier Tage verstreichen zu lassen, bevor man eine erste negative Entscheidung trifft, und zwar in Abwesenheit des Bischofs, der zum Konzil in Rom war…? Vielmehr wurden Gerüchte in der Öffentlichkeit gesammelt, die mit umso größerem Interesse aufgenommen wurden, als sie der negativen Entscheidung Genüge tun konnten, die von vorn herein getroffen worden war. Wie kann man dann an den Gehorsam der Gläubigen appellieren?»
Wie kann man schließlich behaupten, dass «die Kirche gesprochen hat»?

Heute in Manduria

Die oben beschriebene Situation von San Damiano ist in Manduria bei Debora wieder eingetreten, und schließlich bestimmte ein Dekret vom Januar 2012, dass «die behaupteten mystischen Erfahrungen als unecht angesehen werden müssen».
In Anbetracht des Ausmaßes, das diese Offenbarung der Jungfrau von der Eucharistie in Italien und auf der ganzen Welt angenommen hat, hätte die Kirche die Pflicht, eine unabhängige, ja sogar internationale Untersuchungskommission einzusetzen. Trotz ihrer zahlreichen Bitten und der Bitten anderer Personen, wurde Debora Marasco-Cappuzzimato nie angehört. Man hat ihr nur befohlen zu gehorchen, das heißt zu schweigen und alles aufzuhören.
Am Anfang haben zwar einige Priester ein paar wunderbare Ereignisse im Zusammenhang mit dem Öl anerkannt und handschriftlich unterzeichnet, doch dann hat sich die Situation schnell umgekehrt, insbesondere wegen der Bitte der Heiligen Jungfrau, der Eucharistie mit Achtung zu begegnen. (Wie viele Pilger haben insbesondere unter der Weigerung des Klerus vor Ort gelitten, ihnen die Kommunion auf Knien und in den Mund auszuteilen. – Seltsamerweise entspricht diese Haltung dem, was der Heilige Vater jedes Mal bei der Kommunion verlangt.)
Kann man bei einem solchen Dekret behaupten, dass «die Kirche gesprochen hat»?
Wie kann man dieses Dekret annehmen, wenn weder die Hauptbetroffene noch die Hauptzeugen, die bei den Zeichen und Erscheinungen zugegen waren, angehört wurden? Das steht in einem schweren Widerspruch zu den Gesetzen der Kirche auf diesem Gebiet, insbesondere den «Verfahrensnormen für die Beurteilung vorgeblicher Erscheinungen und Offenbarungen», die im Februar 1978 von der Kongregation für die Glaubenslehre angenommen und von Papst Paul VI. gebilligt wurden.
Johannes Paul II. bat darum, dass die Kirche ein Glashaus sei! Wann werden wir durchsichtige internationale Untersuchungskommissionen bekommen?
Wundern wir uns nicht über die Behandlung, die den Propheten zuteil wird. Jesus hatte seine Jünger gewarnt: «Der Jünger steht nicht über seinem Meister; jeder aber, der alles gelernt hat, wird wie sein Meister sein» (Lk 6,49). Und: «Wenn sie mich verfolgt haben, werden sie auch euch verfolgen…» (Joh 15,20). Das ist die Gnade des Propheten!
Erkennen wir an, dass «die Kirche gesprochen hat», wenn die Unterscheidung in Übereinstimmung mit dem Wort Gottes und mit dem geschieht, was die Liebe zu Gott, die Liebe zum Nächsten und die Kirche tatsächlich verlangen. Der Gehorsam, der von den Gläubigen verlangt wird (Kann. 212&1), erfordert von denen, die beauftragt sind, sich zu diesen Phänomenen zu äußern, die Tugend der Autorität. Und diese beinhaltet, dass auch sie der Kirche und ihren Gesetzen gehorchen. Ohne eine solche Haltung wird die Wahrheit verletzt und eine beachtliche Zahl von Gläubigen verunsichert.