Aus Mir quellen alle Gnaden
Maria Valtorta (1897-1961)
Jesus fährt mit seiner Erklärung über die Gnade fort. Sie ist ein Geschenk Gottes und wir müssen sie als solches annehmen. (Cf. MH 587, S. 6)
Als Gott den ersten Menschen schuf, goss Er ihm zu dem Leben der bis dahin unbelebten Materie auch das geistige Leben ein. Sonst hätte Er nicht sagen können, dass Er euch nach Seinem Bild und Gleichnis geschaffen habe.
Niemand von euch kann sich die Vollkommenheit des ersten Geschöpfes vorstellen. WIR allein können in der ewigen Gegenwart Unserer Ewigkeit die Vollkommenheit des königlichen Werkes Unseres Schöpferverstandes ermessen. Wenn Adam verstanden hätte, König über alle Dinge und einzig von Gott abhängig zu bleiben – in der Abhängigkeit eines vielgeliebten Sohnes – wäre der Same Adams ein Same immerwährender Vollkommenheit gewesen. Aber es gab da einen Besiegten, der sich zu rächen auf der Lauer lag.
Du, Maria, die du sagst, dass aus deinem Herzen spontan keine Gedanken der Vergebung aufsteigen könnten, weil deine menschliche Natur dich zum Rachegeist treibt und du nur im Hinblick auf Mich zu vergeben verstehst, hast du niemals darüber nachgedacht, dass es der Rachegeist war, der euch Adamskinder zerstört und Mich, den Sohn Gottes, ans Kreuz geschlagen hat?
Luzifer – er war der Schöne unter allen von Mir erschaffenen Schönen – wurde aus dem Höllenschlund heraus, in den er nach der seinem Schöpfer entgegengeschleuderten Lästerung gestürzt war, in Ewigkeit hässlich, trunken von Rachegeist. Der ersten Sünde des Hochmuts schloss er eine unaufhörliche Reihe von Verbrechen an, um sich in alle Ewigkeit zu rächen. Sein erster Racheakt richtete sich gegen meine Geschöpfe Adam und Eva. In die Vollkommenheit meiner Schöpfung biß sein vergifteter Zahn das Zeichen seiner Bestialität hinein und teilte euch seine eigene Lüsternheit der Ausschweifung, der Rache, des Hochmuts mit. Und seitdem befindet sich euer Geist mit den Giften des höllischen Bisses in euch im Zweikampf.
Einige sehr seltene Male besiegt der Geist das Fleisch und das Blut und schenkt der Erde und dem Himmel einen weiteren Heiligen. Manchmal lebt der Geist mühsam dahin, durchläuft Phasen der Lethargie, als wäre er tot, in denen ihr lebt und handelt wie Geschöpfe, die des Lichts, meines göttlichen Lichts, beraubt sind. Weitere Male wird er buchstäblich umgebracht von dem Geschöpf, das freiwillig seinen Thron des Gotteskindes verläßt und schlimmer als ein rohes Tier wird. Es wird zu einem Dämon, einem Dämonenkind.
Ich sage dir in Wahrheit, dass über zwei Drittel der menschlichen Rasse dieser Kategorie angehören, die unter der Fahne des Tieres lebt. Für sie bin Ich vergebens gestorben.
Das Gesetz der von dem Tier Gezeichneten steht in Antithese zu Meinem Gesetz. Es beherrscht das Fleisch und bringt zugleich Werke des Fleisches hervor. Das andere Gesetz beherrscht den Geist und bringt Werke des Geistes hervor. Wenn der Geist herrscht, ist das Reich Gottes da. Wenn das Fleisch herrscht, ist das Reich Satans da.
Die unendliche Barmherzigkeit, welche die göttliche Trias bewegt, hat eurem Geist sämtliche Hilfen gegeben, um Sieger zu bleiben. Sie hat euch das Sakrament, das in eurem Fleisch das Zeichen des Tieres der Adamssöhne tilgt und mein Zeichen einprägt, gegeben. Es hat euch mein Wort des Lebens, Mich Selbst, euren Lehrer und Erlöser, gegeben, hat euch mein göttliches Blut in der hl. Eucharistie und am Kreuz gegeben, hat euch den Parakleten, den Geist der Wahrheit, gegeben.
Der, welcher im Heiligen Geist zu bleiben weiß, bringt Werke des Geistes hervor. Aus dem vom Heiligen Geist erfüllten Geschöpf quellen Liebe, Milde, Reinheit, Wissenschaft und jedes andere gute Werk, zusammen mit großer Demut. Aus den anderen kommen wie aus zischenden Schlangen Laster, Betrug, Ausschweifung, Verbrechen hervor, denn ihr Herz ist eine höllische Schlangengrube.
Wo aber sind die, welche das Leben des Geistes anzustreben und sich würdig zu machen wissen, die lebensnotwendige Eingießung des Tröstergeistes zu empfangen, der mit allen Seinen Gaben kommt, aber als seinen Thron einen willigen, ihn ersehnenden Geist erwartet? Nein, die Welt will diesen Gottesgeist, der euch gut macht, nicht haben. Die Welt will nämlich Macht um jeden Preis, Reichtum um jeden Preis, die Befriedigung der Sinne um jeden Preis, alle irdischen Freuden um jeden Preis, aber den Heiligen Geist weist sie ab und lästert Ihn; sie bekämpft Seine Wahrheit, kleidet sich in Prophetenmäntel und führt Reden, die nicht aus dem Schoße der Heiligsten Trinität, sondern aus der Spelunke Satans kommen.
Das aber wird nie und nimmer vergeben werden. Niemals. Ihr könnt sehen, dass dies nicht vergeben wird. Gott zieht sich in seine Himmelshöhen zurück, weil der Mensch seine Liebe abweist und für das Fleisch und nur im Fleische lebt. Hier seht ihr die Gründe für euren Ruin und für Unser Schweigen. Aus der Tiefe kommen die Fangarme Satans hervor, auf der Erde erklärt der Mensch sich zu Gott und lästert den wahren Gott, in der Höhe verschließt sich der Himmel. Und auch das ist schon Mitleid, denn indem er sich verschließt, hält er die Blitze, die ihr verdient, zurück.
Ein neues Pfingsten fände die Herzen härter und schmutziger als einen Felsblock mitten in einem Schlammteich. Bleibt also doch in dem von euch gewollten Schlamm in der Erwartung, dass ein Befehl, der keinen Widerspruch duldet, euch daraus hervorzieht, um euch zu richten und die Kinder des Geistes von den Kindern des Fleisches zu scheiden.» […]
Ohne den Heiligen Geist wäre Ich nicht gekommen
8. Juni
Jesus sagt:
«Ohne den göttlichen Vater würde es Mich nicht geben. Aber ohne den Heiligen Geist wäre Ich nicht gekommen. Es war nämlich die Liebe des Vaters, die mich gesandt hat. Wir sind umso mehr in einem Herzen anwesend und wirken in ihm, je lebendiger die Liebe in ihm ist. Seht, weshalb es notwendig ist, dass ihr die göttliche Liebe, das heißt, den Heiligen Geist, in euch habt.
Ich habe gesagt, dass «man im Heiligen Geist wiedergeboren werden müsse, um das ewige Leben zu haben». Das Geborenwerden des Fleisches aus einem anderen Fleisch unterscheidet euch von den rohen Tieren nur darin: dass ihr dem Gericht unterworfen werdet, weil ihr nicht aus dem Geist geboren werden wolltet. Die rohen Tiere werden dafür nicht zur Verantwortung gezogen. Ihr hingegen ja. Ihr, die ihr an Meinen Namen glaubt, die ihr in der Taufe wiedergeboren worden seid, ja. Warum also laßt ihr euch nicht wirklich im Heiligen Geist wiedergebären? Warum tötet ihr in euch die göttliche Liebe?
Wie soll meine Lehre begriffen werden, wenn die göttliche Liebe nicht in euch ist? Ich sagte, dass «ihr begreifen würdet, wenn Ich den Tröster, den Geist der Wahrheit senden würde». Nun habe Ich ihn euch aber gesandt. Ich bin freiwillig auf das Kreuz gestiegen, um euch zu erlösen und um dem Beistand den Weg zu bereiten. Ich bin freudig zum Himmel aufgefahren und habe euch meine Mutter hinterlassen, die Einzige, in der der Heilige Geist wie im Schoße des Vaters wohnte, so voll der Gnade war sie. Ja, in Ihr war «die Gnade» selbst. Ich bin zum Himmel aufgefahren und habe die Menschen zurückgelassen, die Ich so sehr liebte, dass Ich für sie den Kreuzestod starb, um euch Den zu senden, in dessen Licht alles Klarheit gewinnt. Ich sende Ihn euch weiterhin, um dieses Licht mit Mir selbst zu nähren, denn Ich bin im Vater und im Geist, und Diese sind in Mir.
Und Mich habt ihr mit meinem Leib, mit meinem Blut, mit meinem Wesen in der Eucharistie. Gott ist euer Bruder. Ihr aber lebt weiter mit dem Fleisch. Ihr habt Mich, das Licht der Welt, aber wiederum, und immer stärker, zieht ihr die Finsternis dem Lichte vor. Ihr scheint arme Irre zu sein. Zu den Zeiten meines Lebens unter euch hätten sie euch «Umsessene» genannt, von einem unreinen Geist Besessene, der euch zu seltsamen Perversionen treibt, durch den ihr die Finsternis liebt, die Hässlichkeit, die schmutzige Gesellschaft, während ihr doch im göttlichen Licht und in der Wahrheit leben könntet. Ihr habt Ohren, hört aber nicht, habt Augen und seht nicht. Ihr habt die Sprache, gebraucht sie aber dazu, Gott zu lästern, oder zum Lügen. Ihr habt ein Herz, erhebt es aber nicht zum Himmel, sondern verkauft es an niedere Leidenschaften und niedere Interessen.
Warum entweiht ihr Heiliges und entweiht euch selbst? Was bedeuten euch denn die Worte der göttlichen Wahrheit und des göttlichen Lebens, die Ich euch hinterließ und die der Paraklet euch im Lichte der göttlichen Liebe ausgelegt hat?
Von Zeit zu Zeit versuche Ich es mit einem weiteren Wunder der Liebe und rufe euch, indem Ich auf tausenderlei Weisen zu euch spreche. Ihr kommt herbei und forscht und zuckt die Achseln. Wie denn? Mit einer wissenschaftlichen Neugier. Euer Geist erwacht noch nicht einmal, wenn das göttliche Mysterium euch anrührt, das sich wiederum enthüllt und euch Gott und Seine Liebe offenbart. Arme von eurer menschlichen Wissenschaft verblendete Geschöpfe!
Eine einzige Wissenschaft ist notwendig: die Meine. Sie wird euch vom göttlichen Geist der Wahrheit mitgeteilt. In seinem Licht wird alles, was da ist, geheiligt, gereinigt, gut gemacht. Wenn euer Wissen von diesem vollkommenen göttlichen Wissen ausgeht, bringt euer menschliches Wissen Werke wahrer Demut hervor. Anderenfalls nicht. Wenn eure Wissenschaft nur eine menschliche ist, ist es keine wahre Wissenschaft. Es ist Entweihung. Sie reißt die Schleier von den kosmischen Kräften, die Ich selbst mit einem Geheimnis umhüllt habe, der Ich das Gute und das Böse, das ihr erkennen sollt, sehr wohl zu dosieren weiß.
Der Drache zischt: «Beiß doch, beiß doch hinein, Mensch, in die Frucht, die dich gottgleich macht!» Und dann beißt ihr hinein. Ihr wißt nicht, dass ihr in eure Verdammung beißt. Ihr nehmt eine halbgöttliche Genialität an, das stimmt, ihr habt dem Universum viele Geheimnisse entrissen und euch die Kräfte der Natur unterworfen. Da ihr aber die Liebe nicht zum Gegengewicht eures Wissens habt, ist euer Wissen einzig und allein zu einer zerstörerischen Macht geworden. Und Satan zischt seine Freude heraus, denn in euren Entdeckungen sieht er sein Zeichen, das der Gottesleugnung. Allein sein Zeichen.
Wenn ihr ein Hundertstel von dem, was ihr für das Böse investiert, einsetztet, um das Gute zu vollbringen, wäret ihr schon gerettet. Aber das Gute anzustreben, heißt rein, enthaltsam, barmherzig, ehrlich, gerecht und demütig sein. Ihr aber zieht es vor, Werkleute des Bösen zu sein.»
Ihr müsst euch entscheiden!
(Ebenfalls am 7. Juni gehört):
«Ihr könnt das Reich Gottes nicht mit dem Reich Satans versöhnen. Ihr könnt nicht zugleich das Fleisch und den Geist zufrieden stellen. Ihr müsst euch entscheiden.
Ich habe euch den Verstand gegeben, damit ihr die Wahl treffen könnt. Ich habe euch das Augenlicht geschenkt, damit ihr seht. Ich habe euch die Liebe geschenkt, damit ihr euch nach dem Rechten ausrichten könnt. Ich habe euch die Freiheit geschenkt, denn ohne sie würde eure Existenz verdienstlos sein. Ihr habt euch zehn-, hundert-, tausendfach verirrt.
Ich habe euch die Gebote zu eurer Hilfe gegeben, die Propheten, um euch meinen Willen ins Gedächtnis zu rufen. Ihr habt euch zehn-, hundert-, tausendfach verirrt.
Ich habe euch Mich Selbst geschenkt, habe den Schoß des Vaters verlassen, um zu euch zu sprechen. Ich habe euch Mich Selbst geschenkt und mich, Gott, verdemütigt, wie ein Übeltäter zu sterben, um euer Herz reinzuwaschen und es zu befähigen, Gott aufzunehmen. Ich habe euch den Heiligen Geist gesandt, damit Er euch Lehrer in der Erkenntnis meiner Lehre der Liebe, der Reinheit, der Güte, der Demut sei. Ihr aber habt euch zehntausendfach, millionenfach verirrt.
Eure vielen Verirrungen lassen sich nicht mehr aufzählen. Ihr häuft sie wie eine Pyramide übereinander. Ihr baut einen zweiten Babelturm, wollt hinaufsteigen und euch einreden: «Seht, wir sind Gott gleich geworden und erstürmen die Himmel». Satan hilft euch und lacht. Er weiß, dass der Turm eurer Sünden in dem Moment, der euch glauben macht, die Himmel zu berühren, zusammenbrechen und euch in die Hölle hinabstürzen wird. Er ist schon daran, zu zerbröckeln und euch zu zermalmen. Aber ihr haltet nicht ein!
Oh! Haltet ein, haltet ein, Kinder! Haltet ein, meine Schätze! Hört auf die Stimme des Vaters, des göttlichen Bruders, eures Gottes, der euch ruft, der euch auch jetzt noch seine Schätze nennt, weil ihr von Seinem Blut geadelt seid. Schüttelt dieses Blut nicht im Zorn von euch, verlästert es nicht! Hebt die kranke Stirn zum Himmel, auf dass der göttliche Tau sie wasche! Ihr seid nämlich krank, meine Kinder, aber ihr wisst es nicht. Ihr habt euch den Kuss Satans geben lassen, und seine Lepra hängt an euch und in eurem Innern. Aber meine Liebe, allein meine Liebe kann euch heilen.
Kommt, weist meine Hand nicht ab, die euch an Mich ziehen möchte. Glaubt ihr denn, Ich könnte euch nicht vergeben? Ach! Ich hätte sogar dem Judas vergeben, wenn er, anstatt zu fliehen, unter mein Kreuz, an dem Ich starb, gekommen wäre und mir gesagt hätte: «Vergib!» Er wäre der erste meiner Erlösten geworden, denn er war der Allerschuldigste, und Ich hätte das kostbare Blut meines Herzens auf ihn niederrieseln lassen, das weniger von der Lanze als von seinem und eurem Verrat durchbohrt war.
Kommt. Meine Arme sind geöffnet. Am Kreuz schmerzte mich nur, dass sie angenagelt waren und ich sie nicht um euch schlingen und euch segnen konnte. Nun aber sind sie frei, euch an mein Herz zu ziehen. Mein Mund gibt Küsse der Vergebung, mein Herz enthält Schätze der Liebe.
Lasst doch die unrechten Reichtümer los und kommt zu Mir, dem wahren Reichtum. Lasst die unwürdigen Freuden sein und kommt zu Mir, der wahren Freude. Lasst die falschen Götter sein und kommt zu Mir, dem wahren Gott. Wie sehr würdet ihr einer geistlichen Freude froh werden, wenn ihr euch Mir anvertrautet!
Ich bin der Gott des Friedens. Aus Mir quellen alle Gnaden. Jeder Schmerz sänftigt sich in Mir. Jede Last wird leicht. Jede eurer Taten, die in meinem Namen vollbracht wird, schmückt sich mit meiner Schönheit. Ich vermag euch alles, nicht nur auf menschliche, sondern auf übermenschliche, ewige, unsagbar wonnevolle Weise zu geben, wenn ihr zu meinem Herzen kommt. Ich sage euch nicht, dass ihr keinen Schmerz mehr empfinden würdet. Auch Ich habe ihn ja empfunden, der Ich Gott bin. Aber Ich sage euch: der Schmerz wird gesänftigt, wenn er an meinem Herzen erlitten wird.
Kommt. Lasst das Sterbliche, das, was euch zum Übel gereicht, Den, der euch Übles will. Kommt zu Dem, der euch liebt, der euch das, was nicht schadet, was nicht stirbt, zu geben weiß. Helft mir mit eurem Willen. Ich möchte ihn haben, um zu handeln. Nicht, weil ich ihn nötig hätte, sondern weil das für euch nötig ist, um das Gottesreich zu verdienen.
Kommt. Helft mir, die Hölle in ihre Hölle zurückzudrängen und euch den Himmel zu öffnen.»
Maria Valtorta, «Die Hefte 1943», S. 59-67