Der geistige Gottesdienst
Maria Valtorta
Freilich muss der Mensch dem lebendigen göttlichen Opfer, das auf den Altären dargebracht wird, sein eigenes persönliches Opfer vereinen, das stündliche, das in allen Tätigkeiten, Pflichten, vor allem im Ausführen des Willens Gottes ausgedrückt werden soll, auch wenn dieser ein Wille zum Leiden ist. Ein Opfer, das leiblich, seelisch oder geistig zu bringen ist. Krankheiten, Armut, erschöpfende Arbeit in eurem leiblichen Bereich. Ungerechtigkeiten, Verleumdungen, Verständnislosigkeiten im seelischen Bereich. Verfolgungen von Seiten der Menschen oder Gottesverlassenheiten, um die Treue Seines Dieners zu erproben, im geistigen Bereich. Und wiederum sage Ich euch: Seid dem göttlichen Gesetz treu, bewahrt eure Leiber, eure Gedanken, eure Gefühle und euren Geist keusch, gerecht und liebevoll.
Denn darin besteht, mehr als in den äußerlich erfüllten Riten, der geistige Gottesdienst von dem Paulus spricht. Nicht allein in der Form, sondern in der Substanz des Gottesdienstes. Die Substanz wird aber in dem Sich-Erneuern, in dem fortwährenden Sich-Erneuern des persönlichen lchs dazugegeben; wie sich auch alles Geschaffene in seinen Lebewesen, Pflanzen und seinen Jahreszeiten erneuert, so soll es ein fortwährendes geistiges und seelisches Sich-Erneuern sein, um zu einer neuen Menschheit zu werden und sich immer mehr in Christus zu verwandeln. Die Substanz des Gottesdienstes gewährt sich aus einem mühevollen und auch mitunter schmerzlichen Aufstieg zur Vollkommenheit, um den Willen Gottes zu tun, den für alle nach Gottes Ebenbild und mit der Vorherbestimmung zur Herrlichkeit Geschaffenen vorrangigen und allgemeinen göttlichen Willen: dass sie sich nämlich heiligen, um in Ewigkeit zu der Wohnung des Vaters hinaufzusteigen.
Die Erneuerung, die Verwandlung, den Aufstieg zur Vollkommenheit, diesen menschlichen Willen, der freilich vor allem dem eigen ist, in dem die Ähnlichkeit mit dem Vater, die Einheit mit dem Sohn, die Fügsamkeit gegenüber allen Eingebungen des Heiligen Geistes besonders lebendig sind – bei dem die Talente nicht tot wie auf Stein gefallener Samen liegen bleiben; vielmehr wie lebendiger Samen, der auf fruchtbarstes Land gefallen ist, einen großen Baum hervorbringt; er wird nicht nur seinen Besitzer, sondern noch viele andere miternähren können, die eher unglücklich als schuldig und eher aus Unwissenheit arm an Gott sind, weil niemand da ist, der sie unterweist, und sie deswegen Gott gegenüber gleichgültig bleiben –, all dies erhält man, wenn man in allem und durch alles das, was Gott zu tun vorschlägt, in der von Ihm vorgeschlagenen Weise, in dem von Ihm bezeichneten Maß ausführt.
Zum Wohl des ganzen Mystischen Leibes trägt der ebenso viel bei, der die Kontinente durchreist und sich in apostolischer Mühe verzehrt, um der Streitenden Kirche neue Christen zuzuführen, wie auch der unbekannt und verborgen Leidende, der seine Leiden zu Gebet und Hilfe für die Missionare werden lässt; seine kleine Messe (die Opferlämmer sind nämlich Hostien, und ihr Krankenbett ist Golgota, auf dem sie das Opfer zum Wohle der Vielen vollziehen) ist dem Herrn keineswegs weniger wohlgefällig. Auch der trägt zum Wohle der Brüder bei, der die Offenbarungen Gottes niederschreibt, denn Gott hat ihn genauso zum Offenbarer gemacht wie den, der geistreiche Werke über dunkle Stellen der Heiligen Schrift oder Glaubens-Wahrheiten schreibt, um sie dem Verständnis aufzuschließen, so dass Jesus und Maria besser erkannt und deswegen mehr geliebt werden. Es genügt, dass jedes Handeln oder jede Amtsausübung von der Liebe bewegt und gelenkt werden – von wahrer Liebe.
Maria Valtorta, Auszug aus: «Lektionen über den Brief des hl. Paulus an die Römer», S. 284-285