Natuzza Evolo, eine Schatzkammer an guten Ratschlägen
Um die Unterweisungen von Natuzza kennenzulernen, kann man sich dem Zeugnis einer Lehrerin, Maria Elena Cortese, anvertrauen, die sie seit frühester Kindheit besuchte:
«Das erste Mal bin ich Natuzza begegnet als ich noch im Bauch meiner Mutter war. Sie stammte aus der Gegend von Reggio di Calabria und war ihr im Alter von fünfzehn Jahren begegnet als sie einen Besuch bei ihren Eltern in Mileto machte. Seitdem sind sie immer in Kontakt geblieben. Mein Mann, Fausto Frontera, stand ebenfalls in Beziehung mit Natuzza und das ist auch der Grund, warum sie die Taufpatin unserer Kinder Fortunata und Francesco wurde.
Natuzza war für mich immer eine Quelle geistlicher Unterweisung, nicht nur durch ihre Worte, die sich meinem Kopf eingeprägt haben und an die ich mich beständig erinnere, sondern vor allem durch das Beispiel ihres Lebens, das eine große Lektion gewesen ist. Ich kann sagen, dass sie, auch wenn sie Ratschläge gab, sich nie über andere erhob, sondern sie sprach mit Sanftmut und viel Verständnis und das berührte die Herzen aller, die ihr zuhörten. Eines Tages brachte ich eine Freundin zu ihr, die von ihrem Mann betrogen worden war und die nun sehr zornig auf ihn war. Natuzza sagte zu ihr: “Du musst ihm vergeben; jeder kann einmal durchdrehen, aber du kannst durch deine Güte deine Familie retten, die dein kostbarstes Gut ist. Erinnere dich daran, was du vor dem Herrn versprochen hast: Mit diesem Mann zusammen zu bleiben; und wenn du Groll gegen ihn hast, dann wirst du und deine Kinder noch mehr Probleme haben…” So ist es ihr gelungen, mit Schlichtheit eine Bresche zu schlagen.
Natuzza hat mir die Gewissheit gegeben, dass die Toten in einer anderen Dimension weiterhin leben und dass sie uns nahe bleiben. Dank Natuzza macht mir der Tod nicht mehr Angst und aus spiritueller Perspektive gelingt es mir sogar, Schönheit darin zu entdecken. Eines Tages hatte ich Eltern zu ihr gebracht, die ihre noch junge Tochter und Mutter von zwei Kindern verloren hatten. Natuzza hatte sie getröstet indem sie ihnen sagte, dass ihre Tochter das Heil erlangt habe und bei ihnen und ganz besonders bei ihren Kindern sei. Aber ihr Vater und ihre Mutter blieben skeptisch; sie hatten den Eindruck, dass Natuzza in der üblichen Weise mit ihnen gesprochen hatte, so wie man Menschen tröstet, die sich in solchen Situationen befinden. Als sie jedoch wieder bei sich daheim waren, hörten sie, wie sich die beiden Kinder stritten und eines zum anderen sagte: “Hör auf, auf dem Bett zu springen, sonst sage ich es Mama, wenn sie wie an jedem Abend kommt.” Ich erzählte es Natuzza, die keineswegs überrascht war und mir erklärte: “Natürlich, manche Kinder können viel mehr sehen als wir, weil sie unschuldige Seelen haben. Man darf ihnen nichts Boshaftes vermitteln, sonst können sie die schönen Dinge nicht mehr sehen und spüren.” Übrigens ist Natuzza selber ein wenig Kind geblieben – das dachte ich, als ich die Botschaften wieder las, die sie während der Fastenzeit empfangen hatte; ihre Fragen an Jesus waren ganz unschuldig gewesen.
Das war lustig, denn ich war voller Angst bei dem Gedanken, ihr in Bilokation zu begegnen und das hatte ich ihr gesagt: “Bitte, lass dich hören, aber lass dich nie sehen, denn sonst werde ich vor Angst sterben.” Und sie versicherte mir: “Keine Sorge, wenn dich das erschrickt, werde ich nicht kommen.” Eines Abends begann die Lampe, die in meinem Zimmer war, von selber an- und auszugehen, wie ein psychedelisches Licht. Als ich Natuzza wieder begegnete, sagte sie mir: “Was diese Lampe macht, ist nicht bizarr, sondern es ist das einzige Mittel, das ich gefunden habe, um bei dir zu sein, ohne dass du Angst bekommst.”
Zwischen 2004 und 2005 war meine Tochter Fortunata vier Jahre alt und bekam ernsthafte Gelenkbeschwerden. Sie konnte nicht mehr laufen, so dass ich sie in einem Rollstuhl ins Krankenhaus bringen musste und den Ärzten gelang es nicht, eine Erklärung zu finden. Dann, als ich eines Tages von der Arbeit heimkam, fand ich etwas Ungewöhnliches im Haus vor: Wir sahen, dass die Drähte der Alarmanlage vollständig verwickelt waren und es notwendig war, das Getriebe zu erneuern. Und ich hatte überhaupt nicht an Natuzza gedacht, ich weiß nicht warum. In dieser Zeit verschlimmerte sich der Zustand meiner kleinen Tochter und ich beschloss schließlich, Natuzza anzurufen. Sie sagte mir: “Bring deine Kleine unverzüglich ins Bambino Gesù Krankenhaus nach Rom; dort wird man dir gute Arzneien geben.” Und sie fügte noch hinzu: “Aber ich bitte dich, mich jeden Tag anzurufen, wenn ihr dort unten seid, um mir Nachrichten über deine Kleine zu geben.” Es war auch wie eine Anfrage an mich selber, denn es war an einem Freitag in der Fastenzeit und wir alle wussten, dass Natuzza während dieser Zeit keine Schutzengel sah und keine Ratschläge geben konnte. Aber heute denke ich, dass es nicht so war; ich glaube, dass es eine Form der persönlichen Abtötung war, die sie sich auferlegte, nämlich darauf zu verzichten, anderen zu helfen, weil ihr dies unermessliche Freude bereitete, während sie sich einzig dem Gespräch mit Jesus und Maria widmen sollte.
Ich brachte meine Tochter also nach Rom und in der Tat begann es ihr schon wenige Tage später besser zu gehen und nach der Behandlung waren ihre Werte sehr gut. Ich rief Natuzza jeden Tag an wie sie es mir aufgetragen hatte. Da jedoch die Karwoche bevorstand und sie die Passion durchleben musste, sagte ich zu ihr: “Weißt du, ich werde dir das Telefonieren ersparen, denn du wirst nicht antworten können und Fortunata geht es jetzt besser.” Sie antwortete mir: “Nein, nein, rufe trotzdem an; die Menschen, die bei mir sind, werden dir antworten und werden mir die Neuigkeiten über Fortunata sagen. Also habe ich getan, was sie mir sagte, aber nur aus Gehorsam. Nachdem meine Tochter geheilt war, habe ich sie zur ‘Madonnina’ von Paravati gebracht, um der Muttergottes für ihre Heilung zu danken. Anschließend haben wir Natuzza besucht und ich habe sie nach der Bedeutung der verknäulten Drähte gefragt: ‘Das war ein Warnsignal, um euch zu sagen, dass es eurer Kleinen schlecht ging. Und weißt du, warum ich dich gebeten habe, mich jeden Tag aus Rom anzurufen? Weil dieses schmutzige Tier (so nannte sie den Teufel) zu mir sagte: ‘Du hast sie in die Kinderklinik Bambino Gesù geschickt, jetzt wirst du sehen, was passiert. Dort wird niemand etwas von ihren Symptomen verstehen und sie wird sterben und ich wollte dich beruhigen und mich in Sicherheit wiegen’.” So hat Natuzza mich gelehrt, dass es den Teufel wirklich gibt und er führt uns oft in Versuchung, wenn wir ganz nahe beim Herrn sind, weil er das Heil der Seelen verabscheut. Ich könnte stundenlang über das, was sie mir übermittelt hat, reden. Um eine Synthese daraus zu machen, habe ich einige Tage nach Natuzzas Tod das, was sie mir als Unterweisung oft wiederholt hat, auf ein Blatt Papier geschrieben. Ich denke, dass es vielen Menschen, die den inneren Frieden suchen, helfen kann:
1) Sein Kreuz annehmen und es dem Herrn aufopfern, d.h. die schmerzlichen und unangenehmen Ereignisse, die in unserem Leben vorkommen. Einerseits schickt uns Jesus die Kreuze, aber er gibt uns auch die Kraft, sie zu ertragen.
2) Sich Ihm vertrauensvoll überlassen und Ihn in Momenten der Erschöpfung und des Widerwillens mit Einfachheit und Aufrichtigkeit um seinen Trost bitten.
3) Tränen sind auch Gebete, wenn sie nicht die Frucht von Verzweiflung, sondern von einer inneren Läuterung sind, die unsere zutiefst verborgenen Emotionen an die Oberfläche bringt und dann gibt Jesus uns die Kraft, um weiterzugehen.
4) Jeden Abend sollen wir dem Herrn alles, was wir den Tag über durchlebt haben, aufopfern – unsere Freuden und unsere Nöte; “alles zur Ehre des Herrn”.
Das sagte uns Mama Natuzza wieder und wieder. Ich erinnere mich sehr gut an die Situationen, in denen sie mir all das gesagt hat. Ich hatte mich ihr anvertraut, als mich jemand wirklich gedemütigt hatte und Natuzza hatte mir amüsiert gesagt: “Also, du bist nicht zufrieden?” Ich glaubte, sie habe mich nicht richtig verstanden oder mir nicht gut zugehört und sie fügte hinzu: “Bevor ich einschlafe öffne ich jeden Abend meine Hände und betrachte, was in ihnen ist, die schönen Dinge, die hässlichen Dinge, alles was ich während des Tages getan und gesehen habe. Dann opfere ich alles Jesus auf und wenn meine Hände leer sind, bin ich traurig, weil ich denke, dass es ein nutzloser Tag gewesen ist.”
5) Wir sollen immer demütig bleiben, denn wir sind nur die Werkzeuge des Herrn, derer er sich bedient, um seine Liebespläne zu realisieren. “Ich hätte nichts ohne Jesus”, sagte Natuzza.
6) Großzügig sein. “Der Herr verurteilt nicht den Reichtum, sondern die Art und Weise wie wir ihn nutzen. Helft denen, die in eurem Umfeld sind, mit Freude und mit einem Lächeln, jeder nach seinen persönlichen Möglichkeiten. Die göttliche Vorsehung wird an euch denken.”
7) Helft der Muttergottes beim Bau der Kirche von Paravati und sie wird euch helfen. “Seid dessen gewiss”, erklärte uns Natuzza, “denn sie schätzt jede Geste, die mit Liebe getan wird.”
8) Sagt nichts Schlechtes über andere; demütigt die anderen nicht und beleidigt niemanden.
9) Die Wichtigkeit des täglichen Gebetes. “Für Gott ist nichts unmöglich und ein Ave Maria, das mit Liebe gebetet wird, ist viel wertvoller als ein ganzer Rosenkranz, der ohne Überzeugung abgespult wird.”
10) Mit Freude seine Elternpflichten erfüllen und seine Kinder durch das eigene Beispiel die Wichtigkeit des Glaubens und des Gebetes lehren. Eines Tages reagierte Mama Natuzza bitterlich betroffen als sie ein kleines Mädchen aufgefordert hatte, mit ihr den Rosenkranz zu beten und das Kind ihr erwidert hatte, dass es das nicht könne, da ihm niemand den Rosenkranz beigebracht hatte. Und sie sagte zu uns: “Wisst ihr, dass das Gebet von Kindern am meisten gehört wird, denn es kommt aus einer reinen Seele”.
11) Wendet euch an die verlassenen Seelen im Fegefeuer. Alle vergessen sie, während ihre Fürsprache so machtvoll ist, denn sie brauchen eure Gebete für ihr eigenes Heil und daher hören sie euch zu.»
Natuzza Evolo, «Le Miracle d’une vie», S. 372-376 (nur auf Französisch erhältlich)