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Heiliger Charbel

Pilger des Absoluten

Was gibt es zu berichten über einen Mönch, der nie öffentlich das Wort ergriff, keine Lehren verbreitete, keine Schriften hinterließ und über den fast nichts veröffentlicht wurde, der sein Leben in einem kontemplativen Kloster als äußerst bescheidener Landarbeiter und Einsiedler verbrachte  und sich in aller Bescheidenheit stets im Hintergrund hielt, in tiefes Schweigen gehüllt?
In Wirklichkeit erlaubte ihm dieses gänzlich verborgene Leben  eine radikale Hinwendung zu Gott, der ihm alles bedeutete, indem er  bewusst auf jeglichen eigenen Willen verzichtete, um Gott das  Alleinverfügungsrecht über sich zu überlassen.
Schon zu Lebzeiten wurde die Öffentlichkeit  durch seine zahlreichen Wunder auf ihn aufmerksam.
Er jedoch zog es vor, in Abgeschiedenheit und Schweigen zu leben. Seinem Aussehen nach war er Mensch, aber in Wirklichkeit war er mit dem Herzen schon im Himmel.
Josef wurde am 8.5.1828 in Beqaakafra geboren, einem Dorf, das in der Gebirgskette im Norden des Libanon auf 1700 m liegt, in dem berühmten Wadi Qadisha, dem «Heiligen Tal». Er war der Jüngste der 5 Kinder des Hauses Makhlouf, einer armen Bauernfamilie.
1851 tritt er in das Kloster Notre-Dame de Maïfouq (der maronitischen Kirche) ein und nimmt den Namen Charbel an. Noch während seines Noviziats siedelte er in das Kloster St. Maron in Annaya über. (Annaya liegt 50 km nördlich von Beyrouth.) Dort lernte er Pater Elisée, den Heiligen, kennen, der sein geistlicher Begleiter wurde. Nach seinem Theologiestudium im Kloster von Kfifane wurde er am 23. Juli 1859 zum Priester geweiht. Nach dem Tod von Pater Elisée zieht er offiziell in die Einsiedelei seines Klosters in Annaya ein und lebte dort mit seinem Gefährten, Pater Makarios, bis zu seinem Tod am 24. Dezember 1889. Er starb infolge einer halbseitigen Lähmung in der Weihnachtsvigil, an einem Fastentag, bei großer Kälte und hohem Schnee, Umstände, die seiner Lebensweise entsprachen.
Denn Pater Charbel ist ein Beispiel orientalischer Askese von Selbstbeherrschung und der radikalen Hingabe. Die monastischen Tugenden übte er heroisch aus, wodurch er die anderen Mönche weit übertraf, aber seine ganze Wesensart drückte Geringschätzung seiner selbst aus: sein schäbiges Ordenskleid, seine Mahlzeiten, seine Schlafgewohnheiten, seine Art kniend zu beten, seine Schlafstelle, seine Zelle und sein kräfteverzehrendes Arbeiten. Er war ein Apostel durch sein Lebenszeugnis, ein mächtiger Fürbitter unserer Zeit, die von Materialismus geprägt ist.
Beständig bei der Arbeit oder im Gebet zeigt Pater Charbel uns den Weg der Gottes- und Nächstenliebe auf. Indem er absolute Gottes­liebe ausstrahlte, flogen ihm alle Herzen zu. Je mehr er sich Gott näherte, desto mehr wuchs er in der Liebe zu seinem Nächsten. Er praktizierte das immerwährende Gebet, um für seine Mitmenschen Gnaden und für ihre Seele das Heil zu erlangen. Er weckte  Kinder von den Toten auf, heilte zahlreiche Kranke. Christen und Muslime baten ihn um Heilung ihrer von Seuchen befallenen Herden. Sogar die wilden Tiere gehorchten ihm. Heuschreckenschwärme machten Halt vor den Feldern, die er mit von ihm gesegnetem Wasser besprengt hatte. Leere Getreide- und Ölbehälter des Klosters wurden auf sein Gebet hin wieder gefüllt.
Im Reich Gottes sind nicht die Amtsträger die Großen, sondern die Heiligen (Johannes Paul II.)
Den Aufstieg in eine höhere Funktion lehnte er ab. Die Liebe zu Gott war der rote Faden im Leben Charbels, und für ihn war diese Liebe zu Gott exklusiv. Das Absolute der Anbetung prägte sein ganzes Leben: Charbel in Ekstase vor dem Aller­heiligsten, vor dem er sein Leben verzehrte!
 In ihm bietet uns die Kirche ein Beispiel eines vollkommenen Anbeters des lebendigen Gottes.
«Kein Heiliger ist wie der andere, wie auch kein Stern am Firmament dem anderen gleicht. Doch in einem ähneln alle Heilige einander: Sie alle spiegeln etwas wider vom Leben Jesu.»
Dieses Wort von Kardinal Van Thuan bewahrheitete sich ganz besonders in Bezug auf die Ereignisse, die sich nach dem Tod des  Heiligen zugetragen haben:
– Nach seinem Tod leuchtete das Licht der Auferstehung in der Nähe des Friedhofs der Mönche auf, in dem Pater Charbel beigesetzt worden war.
– Sein Leichnam blieb unversehrt erhalten.
– Von 1898 bis 1993 sondert sein Leichnam Blut und Plasma ab, Reliquien, die Kranken Heilung brachten und viele Pilger zur Umkehr bewegen.
– Auf einem Tuch, mit dem sein Leichnam abgetrocknet wurde, ist ein Abdruck seines Körpers zu sehen.
– Pater Charbel erscheint vielen und erfüllt ihre Bitte um Heilung.
– In den Registern des Klosters in Annaya werden Tausende und abermal Tausende wunderbare Heilungen vermerkt.
– Der Strom der Pilger zu seinem Grab reißt nicht ab.
(Nach ihrer Heilung ermahnt Pater Charbel Nouhad Al Chami: «Wer Bitten an mich richten will, wisse, dass ich, Pater Charbel, stets in der Einsiedelei zugegen bin. Ich ersuche dich, am 22. jeden Monats zur Einsiedelei zu kommen…» Das war der Anfang der monatlichen Wallfahrten nach Annaya, am 22. des Monats, die noch heute weiterbestehen.
Am 5. Dezember 1965 wurde Pater Charbel in Rom selig und am 9. Oktober 1977 heilig gesprochen.
Mit Pater Khawand, Eremit, wollen wir wieder­holen: «Oh Gott, wie wunderbar bist du in deinen Heiligen!»

von Marianne Weyer
Über den Hl. Charbel, lese auch Artikel S. 16-18.

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