Das eingegossene Wissen von Mama Rosa…
San Damiano - Die Kirche und ihre Propheten
Die Gläubigen, die zu Mama Rosa kamen, waren durch die Überfülle eingegossener Erkenntnis, die ihr zuteil geworden war, beeindruckt. R. Maisonneuve klassifiziert sie in Kategorien1. Wir adaptieren seine Klassifizierung, denn sie hat den Vorteil praktisch und einfach zu sein.
Er schreibt: «Die Gattin Quattrini glänzt durch ihre übernatürliche Klarsicht». Die Autoren beziehen sich bei diesem Thema auf den Bericht von Abbé Brodard. Im November 1966 kam ein italienischer Priester, der die Vertraute des Himmels wahrscheinlich testen wollte, in Zivilkleidung zu ihr. «Sie sind Priester», sagte sie ihm ganz unverblümt. Der Andere leugnete dies lebhaft eine halbe Stunde lang. Schließlich ergab er sich, als Rosa zu ihm sagte: «Legen Sie Ihr römisches Kollar an, das in Ihrer Tasche ist!»
Im Juli 1967 kam ein Priester aus Drôme in Frankreich. Er äußerte nicht den Wunsch, Rosa zu treffen, aber diese ließ ihn rufen und sagte ihm, sie habe eine Botschaft der Muttergottes für ihn: «Wenn du deine Pfarre bekehren willst, weihe deine Pfarrgemeinde und die Kinder meinem Unbefleckten Herzen». Diese Sorge hatte ihn unterwegs gequält. Er erinnerte sich nun, dass er einige Monate zuvor den Plan geäußert hatte, seine Pfarre Maria zu weihen. Aber angesichts der geringen Begeisterung hatte er sich entmutigen lassen!
Die Retrokognition ist die eingegossene Kenntnis von Ereignissen aus der Vergangenheit. Auch die Tochter Buzzini hatte diese Gabe. Als sie eines Abends mit anderen betete, rief sie aus: «Die Muttergottes sagt, dass sie gerade E.V. aus Parma vor dem sicheren Tod gerettet hat». Nachdem Erkundigungen eingezogen worden waren, erfuhr man, dass diese E.V. ihr Haus unmittelbar vor dem Einsturz einer Decke verlassen hatte!
Am 31. Dezember 1967 fuhr jemand nach San Damiano, der zu einem bestimmten Engel betete; der Hauch eines Duftes zeigte dieser Person eine Präsenz an. Als sie Rosa nach ihrer Ankunft dazu befragte, betrachtete diese ihre Statue und nannte ohne zu zögern den Namen des Engels, zu dem sie gebetet hatte; sie bestätigte, dass dieser Engel tatsächlich in jenem Augenblick im Auto präsent geworden war.
Ähnlich wie Pater Pio hatte unsere Botin die Gabe, in den Gewissen zu lesen; diese Gabe wird auch Herzensschau genannt. Ein Beispiel: Ein Mann, der als Kleriker gekleidet war, kam in den kleinen Garten. Rosa hatte soeben eine Erscheinung. Danach ging sie mit mehreren Personen in das Oratorium. Auch der Mann wollte dort eintreten, aber die Seherin verhinderte es: «Er nicht, er ist kein Priester», sagte sie. Am Abend bat der Betroffene, die Seherin zu sehen. Er gestand, dass er Freimaurer war und sich einen Plan ausgedacht hatte, um sie zu verwirren.
In Ausnahmefällen konnte die Vertraute Mariens fremde Sprachen verstehen. Doktor K., ein Jugoslawe, kam nach San Damiano und versuchte mit Rosa zu sprechen, aber es gelang ihm nicht, sich auf Italienisch oder Französisch verständlich zu machen. Die Umstehenden versuchten vergeblich zu übersetzen. Schließlich forderte die Botin ihn auf, Deutsch zu reden. Sie konnte kein Deutsch, aber sie verstand alles und gab die Antworten auf Italienisch, die dann von einem Assistenten auf Französisch übersetzt wurden. Der Besucher zeigte sich zufrieden.
Die einfache Bäuerin hatte auch die Gabe der Prophetie. Verschiedene Autoren berichten von Ereignissen, von denen sie bereits vorher auf nicht natürliche Weise erfahren hatte: Der Besuch von Paul VI. bei der UNO, die Überschwemmung von Rio de Janeiro, das Datum vom Abschluss des II. Vatikanischen Konzils, die kommenden Wettersituationen, die den Rat rechtfertigten, «den Samen für die Aussaat daheim aufzubewahren».
In allgemeiner Weise spricht man bei ihr auch von einer Klarheit des Urteils und einer Klarheit bei der Beurteilung materieller und konkreter Dinge, die über die Kräfte der Natur hinauszugehen schien.
In doktrinärer Hinsicht versetzte diese ungebildete Frau selbst Theologen in Erstaunen. Sie bewies sogar eine Selbstsicherheit, die sie mit prophetischen Seelen wie Katharina von Siena, Johanna von Orléans oder Marthe Robin verbindet: «Sie behielt auch vor gelehrten oder hochstehenden Menschen eine solche Sicherheit, verbunden mit einer solchen Schlichtheit, dass es einen nur noch frappieren konnte».
Im September 1968 zögerte sie nicht, einem römischen Kardinal eine lange Botschaft, die ihr die Muttergottes für ihn diktiert hatte, zu schicken. Abbé Brodard ist der Ansicht, dass dieses Unterfangen ihre natürlichen Möglichkeiten bei weitem überstieg.
Manche Seherinnen, denen öffentliche Erscheinungen zuteilwurden, ziehen sich nachher in die Anonymität zurück. Das war der Fall bei zwei französischen Heiligen: Bernadette und Katharina Labouré.
Andere, wie Benoîte Rencurel aus Laus oder Melanie Calvat aus La Salette, verhielten sich anders. Nach 1970 tauchten in der Kirche viele inspirierte Laien auf, die eine Berufung als Ratgeber in sich spürten. Man kann hier an Amparo aus Escorial oder an Vassula Ryden denken. Dieses Phänomen trifft auf eine alte Tradition, denn der geistliche Rat ist nicht das exklusive Vorrecht des Priesterstandes.
1964 «detonierte» das Phänomen der prophetischen Frau, da es den geistigen Gewohnheiten des 19. Jahrhunderts und der ersten beiden Drittel des 20. Jahrhunderts ziemlich entgegengesetzt war. Es ist daher verständlich, dass das Bistum wegen solcher «Unangebrachtheit» besorgt war. Da die Tochter Buzzini so handelte wie es die Seherinnen und Prophetinnen tun, zeigte sie eine doppelt ungewöhnliche Berufung. Menschen, die in Not waren, drängten sich an ihre Tür. Sie hütete sich davor, den geistlichen Vater zu geben, aber sie war der Meinung, ihnen raten zu sollen. Über diese Tätigkeit gibt es die verwunderten Berichte vieler Gläubigen, denen sie geholfen hat. Ich kann dazu nichts sagen, da ich diese Erfahrung nicht gemacht habe, aber ich glaube bereitwillig den Versicherungen der vielen Menschen, denen ich begegnet bin und die es erlebt haben.
Pater Marc Flichy
Auszug aus: «L’Eglise et ses prophètes», S. 144-147
Anmerkung:
1. San Damiano, Histoire et documents, Verlag Pierre Téqui, S. 60-68.