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Der hl. Charbel schaut mich an und sagt: «Ich operiere dich!»

Libanon - Nohad El Chami

Aus Anlass des 20. Jahrestages ihrer wunderbaren Heilung durch den hl. Charbel (22. Januar 1993 – 22. Januar 2013) haben Nohad El Chami und ihre Familie von den Umständen ihrer Heilung erzählt…

«1952, dem Jahr, wo der hl. Charbel erstmals erschienen ist, hat uns meine Mutter mit nach Annaya genommen. Damals war ich ein Kind unter fünf anderen… Und wir alle sind aufgebrochen, um die Eremitage zu besuchen. Ich sah den Ort, wo der hl. Charbel mit den Küchengeräten gekocht hatte und sogar das Holz, um Feuer zu machen!…»
Ich höre die Stimme von Laura, Nohads Tochter, sobald ich an der Tür in Halat stehe (15 km von der Hauptstadt Beirut entfernt). Anlässlich dieses Jahrestages bin ich im Libanon und wie üblich statte ich meinen Freunden einen Besuch ab.
Im großen Wohnzimmer hören mehrere Besucher vor dem Foto des hl. Charbel aufmerksam auf die Antworten, die Nohad, die alte Dame, auf die Fragen einer jungen libanesischen Journalistin gibt. Nohad sieht mich, macht mir ein freundschaftliches Zeichen und setzt das Interview mit müder Stimme fort.
Sie ist sehr genau und scheint mir fragiler und kleiner als sonst zu sein und ich wundere mich, dass ihr Ehemann nicht an ihrer Seite ist. Es ist dieser Jahrestag, durch den es zu diesem Aufgebot an Presse und Medien gekommen ist. Myriam, Nohads Enkelin, hat mich zwischen zwei Vorlesungen an der Universität in Jbeil (dem antiken Byblos) abgeholt, wo ich wohne.
«Ich flehe den hl. Charbel an, mir ein Lieben zu gewähren wie es das seine war. Mit acht Jahren wollte ich weder Geld, noch ein Haus» ertönt die Stimme von Nohad, «denn dieser Heilige hat Gebet, Askese und das Kreuz bis hin zum Heroismus gelebt. Ich wollte, was Gott für mich wollte.
Ich stamme aus Doures in der Ebene von Bekaa, aber ich wuchs in Jounieh, im libanesischen Küstengebiet auf, wo mein Vater im Handel arbeitete. Meine Mutter lehrte mich von frühester Kindheit an, das Gebet zu lieben und ich habe diese innige Vertrautheit mit dem Herrn und der Muttergottes nie aufgegeben.
Als ich noch klein war, brachte ich meinen Spielkameraden den Rosenkranz bei und als ich verheiratet war, versammelte ich mit meinen Kindern auch die anderen Jugendlichen bei einem kleinen Hain in den Bergen, am Ende eines gewundenen Pfades, obwohl mein Mann dagegen war.»
Nohad schwieg und ließ ihre Erinnerungen vorbei ziehen; ihre älteste Tochter Laura setzte das Zeugnis fort: «Der Weg, auf den uns meine Mutter führte, war gefährlich, voller Rollsplitt, sandig, aber das machte ihr nichts aus. Die wenigen Passanten, die auf dem Weg waren, schlossen sich uns im Gebet an…»
Nohad: «Ja, zu der Zeit arbeitete ich viel. Mit zwölf Kindern und meinen Schwiegereltern, um die ich mich zu kümmern hatte, musste manchmal bis zu 50 kg Teig bereitet werden, um Brot zu machen. Und dann waren da natürlich auch noch die Tiere, die ich zu versorgen hatte und die Feldarbeit. Ich hatte immer Probleme mit den Nieren. Man entdeckte einige große Nierensteine, aber mangels Geld war es unmöglich, mich zu operieren. Ich bin nach Annaya gefahren, habe Erde von der Eremitage genommen, in der der hl. Charbel gelebt hat und bin wieder nach Hause zurück gekehrt.»
Der älteste Sohn von Nohad ist soeben in das Zimmer getreten, in dem ich schweigend seiner Mutter zuhöre. Er hat große Ähnlichkeit mit seinem Vater Saaman. Er war bei seiner Mutter, als die ersten Symptome der halbseitigen Lähmung an einem Abend auftraten.
Er stellt sich vor: «Saad Al Chami». «Wir saßen beisammen und auf einmal spürte meine Mutter eine Lähmung rund um ihren Mund und sie hatte zugleich ein brennendes Gefühl in ihrem Brustkorb. Sie wurde sofort in das Krankenhaus Notre-Dame Maritim auf die Intensivstation zu Dr. Joseph Chami gebracht, aber die Schmerzen wurden immer schlimmer. Es war der 9. Januar 1993.
Der Verdacht auf eine halbseitige Lähmung wurde nach gründlichen Untersuchungen bestätigt. Dabei stellte man fest, dass die linke Halsschlagader zu 65% und die rechte zu 75% verstopft war. Dr. Chami und der Chirurg Nachakian hielten sie nicht für operabel und sagten, es sei besser, sie nach dem neuntägigen Krankenhausaufenthalt mit nach Hause zu nehmen, da ihr Zustand unverändert war.»
Laura: «Wir entschieden, sie aus dem Krankenhaus zu holen, denn den Ärzten zufolge sollte sie medikamentös eingestellt werden, um sie auf eine Operation im Krankenhaus von Beirut vorzubereiten. Sie kam montags nach Hause und hatte ein Rezept für physiotherapeutische Maßnahmen, mit deren Hilfe sie wieder versuchen sollte, ihre Glieder zu bewegen, denn sie war gelähmt.
Parallel dazu brachte ihr mein Bruder Öl und Erde aus dem Kloster des hl. Charbel in Annaya und er bat mich, meine Mutter mit dem Öl einzureiben.»
Saad: «An jenem Montag, nach der zweiten medizinischen Konsultation im Krankenhaus, wurde mir der ernste Zustand meiner Mutter bewusst. Es war 18.00 Uhr und um 19.30 Uhr fand ich mich – ohne zu wissen wie – in meinem Auto auf dem Weg nach Annaya, wohin kurz zuvor die Statue des hl. Charbel in den äußeren Hof gebracht worden war. Ich bin wirklich blind gefahren! Es war mitten im Winter, es war dunkel, alles war still und nur das Licht, das die Statue anstrahlte, durchbrach die Finsternis.
Ich kniete nieder und ich werde nie die Worte vergessen, die mir auf die Lippen kamen. Diese Erfahrung ließ mich bewusst werden, wie wichtig Sammlung und Stille sind.
Ich habe mich an den hl. Charbel gewandt: «Wir brauchen unsere Mutter und du allein kannst sie nach 9 Tagen im Krankenhaus heilen. Heile sie oder lass sie sterben!» Sofort bereute ich meine Worte, denn ich hatte gewollt, dass mein Wille geschieht. Das war Unrecht und ich bat um Verzeihung. Ich erinnere mich gesagt zu haben: «Dein Wille geschehe, Herr, aber hl. Charbel, tritt du für uns ein!»
Ich stand auf und ging in das Kloster, wo ein Priester aus Michmeche (in den libanesischen Bergen) war. Ich bat ihn unauffällig um einen Wattebausch und Öl. Dann ging ich zum Grab des verehrten Heiligen, wo ich mit dem Wattebausch Öl aufnahm und ich vertraute ihm die Heilung meiner Mutter an, da die Ärzte nichts für sie tun konnten.»
Laura: «Mein Bruder brachte mir am nächsten Morgen um 6.00 Uhr in der Frühe das Fläschchen mit Öl und eine Handvoll Erde. Meine Mutter war in einem halbkomatösen Zustand. Sie war während der ganzen Nacht, die ich wachend bei ihr verbracht hatte, kaum aufgewacht.
Ich begann nun, sie mit dem Öl einzureiben. Ihr Gesicht war angeschwollen und sie bat mich, ihren Kopf zu bewegen. Ich verstand sie kaum, aber sie klagte und wollte, dass ich an ihren Haaren ziehen sollte, um sie dadurch von dem Druck zu entlasten, der auf ihr Hirn ausgeübt wurde. Sie machte mir sofort ein Zeichen, mit dem sie mir zu verstehen gab, dass es ihr Erleichterung verschafft hatte. Ich fuhr also fort, sie am ganzen Körper mit dem Öl einzureiben.
Am Mittwoch träumte Nohad, dass sie einer Messe beiwohnte, die vom hl. Charbel mit den Mönchen von Annaya zelebriert wurde. Sie empfing den Segen und die hl. Kommunion höchstpersönlich aus den Händen des Heiligen.
Am 22. Januar 1993, in der Nacht von Donnerstag auf Freitag, wurden die Schmerzen so heftig, dass sie sich den Tod wünschte. Sie wollte lieber tot sein, als eine Last für ihre Familie.»
Nohad: «Ich sprach innerlich den Akt der Reue, um mir von Gott, der allein über die Todesstunde entscheidet, verzeihen zu lassen.
Kaum hatte ich die Augen geschlossen, schien ein gleißendes Licht den Raum mit sich fortzureißen und ich schlief ein. Plötzlich erschienen mir zwei Mönche, die von einem intensiven Heiligenschein umleuchtet waren; ich sah, wie sie durch die Tür eintraten. Ich erkannte den hl. Charbel, aber der andere war mir nicht bekannt.
Der hl. Charbel schaut mich an und sagt zu mir: «Ich operiere dich!» Ich erwidere ihm, dass die Chirurgen mir nichts von einem Eingriff gesagt haben. Er bestätigt mir, dass ich diese Operation brauche und dass er sich darum kümmern wird. Ich betrachte die Statue der Muttergottes, zu der ich flehentlich rufe, denn wie will man mich ohne Anästhesie operieren? Ich sehe die Jungfrau Maria bei den beiden Mönchen; sie ist sehr leuchtend. Niemals werde ich diese Vision vergessen! Ich spüre die Hand des hl. Charbel auf meinem Hals und habe den Eindruck, als würden mir die Arterien heraus gezogen. Das Gesicht des Heiligen sehe ich nicht, denn das Licht, das von ihm ausgeht, blendet mich. Die Identität des zweiten Mönches wurde mir später durch die hl. Rita enthüllt; es war der hl. Maron, der Gründer des Maronitenordens.
Er ist beim hl. Charbel und kommt näher an mein Bett, wo er Kissen hinter meinem Rücken aufrichtet. Er nimmt das Wasserglas vom Nachttisch, entfernt daraus den Trinkhalm und gibt mir zu trinken. Ich antworte ihm, dass ich nicht ohne den Trinkhalm trinken kann. Er sagt zu mir: Du wirst das Glas Wasser trinken können und du wirst gehen können. Ich habe das ganze Glas leer getrunken, ohne irgendeinen Schmerz zu spüren. Er stellte das Glas an seinen Platz zurück und das Licht entfernte sich.
Als ich erwachte, fand ich mich in derselben Position vor, in der ich geträumt hatte. Ich wendete mich an meine Tochter Chafika, die im Bett neben mir schlief. Ich weckte sie, um sie zu fragen, wie spät es sei und instinktiv bewegte ich meine gelähmte Hand, um die offene Wunde zu berühren, die ich am Hals spürte. Ich erhob mich, verließ das Bett und kniete mühelos vor der Statue der Muttergottes nieder; ich, die ich wegen meiner Kniearthrose schon seit 5 Jahren nicht mehr hatte niederknien können.»
Nohad wurde von tiefer Freude ergriffen und um einen Beweis zu liefern, ging sie bis zum Aufenthaltsraum.
Es war damals 3.00 Uhr morgens gewesen und sie begriff, dass der hl. Charbel soeben ein Wunder gewirkt hatte. Sie kniete sich hin, um dem Herrn zu danken. Dann ging sie ins Badezimmer und wusch sich das Gesicht, um sicher zu sein, dass sie wirklich wach war.
Nohad: «Ich machte das Licht an und mein Mann, der nebenan in einem Zimmer schlief, fuhr aus dem Schlaf auf und war ganz aufgewühlt, als er mich dort sah. Ich hob meine beiden Arme hoch und sagte ihm, dass der hl. Charbel mich geheilt hat.
Er wurde von einem Unwohlsein ergriffen und ich gab ihm einen Backenstreich und fragte ihn, ob wir träumen oder ob das alles Wirklichkeit ist.
Ich erzählte ihm, was ich erlebt hatte, als ich den Raum verlassen hatte und mein Mann starrte auf meine Füße, ohne auf meinen Hals zu achten.»
Die Zeit verging und die beiden Eheleute wussten, dass sie nicht träumten. Nohad beschrieb ihrem Mann immer wieder die Szene, während er sich langsam bewusst wurde, dass sie nicht mehr gelähmt war… (Fortsetzung folgt!)

von Jean Claude Antakli